“Abhandlung, die eine literarische oder wissenschaftliche Frage in knapper und anspruchsvoller Form behandelt.”
Bedeutung Essay, Duden
Im Rahmen des BAUKUNST STUDIOS sollten wir uns, die Architektur-Studenten der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart mit verschiedenen Literatur-Ausschnitten zum Thema „From Change of Utopias to Utopias of Change“ auseinandersetzen.
„Fermentation ist Referenz, um über Transformationsprozesse nachzudenken und sie umzusetzen.“
Studio Brief, Baukunst Studio WiSe 22/23
Was hat Fermentation mit Architektur und wie wir heute bauen zu tun? Wie können wir damit die Zukunft verändern und diese so gestalten, dass Mensch und Natur in Einklang leben können?
In dem Buch „Der Klimawandel“ von Stefan Rahmsdorf und Hans Joachim Schellnhuber wird präsentiert, welche Ansätze wir, als Menschen und Gesellschaft durch die Politik, angehen könnten, sodass wir das Problem der Klimakrise behandeln können. Passiv zu bleiben ist keine Antwort. Politiker reagieren oft schlecht auf die Klimakrise, dadurch, dass sie ihre Wähler und somit ihr Profit nicht verlieren möchten. Doch was sehr deutlich wird in dem Ausschnitt ist, dass…
„Neben der <<sichtbaren Hand>> des Staates braucht es vor allem aber ein Narrativ, eine gute Geschichte der Transformation, in der die Menschen gerne vorkommen wollen.“
Stefan Rahmsdorf u. Hans Joachim Schellnhuber – Der Klimawandel
S. 127
Wer soll dieses Narrativ erzählen? Das sind wir! Wir sollen uns aussuchen, wie unsere Utopie für unsere Zukunft aussehen soll. Das wären keine Geschichten über fliegende Autos, sondern eine Vision über ein einfaches Leben, in dem wir nicht mehr gezwungen sind zu konsumieren, sondern zu leben – und so zu leben wie es auch der Natur recht ist: im Einklang mit der Natur ist die beste Lebensform, denn das widerspricht nicht den Lauf der Dinge und die natürliche Prozesse.
Infolgedessen sprechen wir über eine Transformation, die unsere Gesellschaft prägen soll, damit überhaupt eine dauerhafte Lösung der Klimakrise gefunden werden kann – und wer weiß? Vielleicht lösen sich mit einer Transformation andere Problematiken in der Gesamtheit, die sich Menschheit nennt. Vielleicht kann die Menschheit lernen mehr als Gesamtheit zu agieren, indem sie die Natur beobachtet:
„Ohne dieses Netz aus Pilzen könnte mein Baum nicht existieren. Und ohne ähnlich Netze aus Pilzen könnte keine Pflanze irgendwo existieren. Alles Leben an Land, auch mein eigenes, ist auf solche Netzwerke angewiesen.“
Merlin Sheldrake – Verwobenes Leben: Wie Pilze unsere Welt formen und unsere Zukunft beeinflussen
S. 10
Achtung! Hier geht es nicht um eine Vergöttlichung der Pilze und was sie alles mehr tun können als wir, sondern es geht um die Anerkennung des Zusammenlebens und der Wachstum eines Systems aufgrund seiner Zusammenarbeit und die Intelligenz, die dahinter steht. Sinn und Zweck einer solchen Herangehensweise ist, dass wir nicht mehr anthropozentrisch denken und die Intelligenz der Menschen als Maßstab zu nehmen, sondern Intelligenz etwas allgemeiner definieren:
„Infrage käme etwa eine eher weit gefasste Definition: <<Intelligenz ist die Fähigkeit zur Problemlösung>>.“
Stefano Mancuso, Alessandra Viola – Die Intelligenz der Pflanzen
S. 122
Denn Menschen scheinen oft schlecht zu sein, was Lösungsfindung angeht.
Heutzutage scheint der Kapitalismus als der einzige Weg weiterhin in die Zukunft zu gehen. Es scheint, dass es kein besserer Weg existiert um voran zu kommen als mit dem Ansatz „survival oft he fittest“ weiterhin zu leben. Darwin war von dem Wirtschaftswissenschaftler und Vertreter des Kapitalismus Thomas Malthus stark beeinflusst und hat somit seine Recherche mit der dementsprechenden Wortwahl verfasst. Allerdings müssen wir hier tatsächlich den Faktor der Symbiose-Theorie als einen der größten Faktoren mit einbeziehen, die in der Evolutionstheorie eine Rolle spielen.
„Neue Symbiosen, die zu einem neuen Geflecht von Wechselwirkungen führten, waren für die Besiedlung großer Teile der Erde von entscheidender Bedeutung.“
Lynn Margulis: Der symbiotische Planet oder wie die Evolution wirklich verlief
S. 141
Ohne die Co-Creation würde die Natur heutzutage nicht existieren können.
„Auch Wissenschaft selbst ist nicht auf der nationalistischen Achse, sondern in einem nomadischen Netzwerk erdweiter posthumaner Zusammenhänge in die Gesellschaft und in die Ökologie integriert. Posthumanwerden ist also der Prozess, sein Gefühl der Verbundenheit mit einer gemeinsamen Welt, einem territorialen, sei es städtischen, gesellschaftlichen, psychischen, ökologischen oder planetarischen Raum, neu zu begreifen.“
Rosi Braidotti – Posthumanismus, S. 195
Im Buch „Der Tod der Natur – Ökologie, Frauen und neuzeitliche Naturwissenschaft“ von Carolyn Merchant werden auf den Seiten 297 bis 312 Positionen von Leibniz und Newton vorgestellt und über den Prozess der Fermentation diskutiert, die…
„seit langem mit Bewegung und Aktivität in Verbindung gebracht worden [war] und konnte als eine Quelle gewaltsamer Veränderung angesehen werden“
Der Tod der Natur – Ökologie, Frauen und neuzeitliche Naturwissenschaft, Carolyn Merchant,
S. 308
Zum Schluss möchte ich Schellnhuber zitieren:
“I think there are three ingredients to solve the climate problem. […] It’s not so much about the facts, we have all the facts, it’s about stories, it’s about narratives. […] The second is a movement. [..] We are the only ones who can break up this self-inflicted ignorance and get us out of our comfort zone. […] So a story, a movement and driven by young people and then the entire political establishment will have to follow. So get up from your easy chair.”
Kostantia Kounousli, ABK Stuttgart, 03 / 01 / 2023, 4885 Zeichen (ohne Leerzeichen)