WAS IST ZITIEREN? (B)

Bruno Latour – Das Terrestrische Manifest

„…das Globale alle Dinge aus der Ferne erfasst, als wären sieaußerhalb der sozialen Welt und gegenüber den Sorgen der Menschen völlig gleichgültig. Das terrestrische erfasst dieselben Konfigurationen wie von Nahem gesehen, als den Kollektiven inhärent und für das Handeln er Menschen empfänglich, so dass die darauf heftig reagieren.“

„Hatte dieser Begriff (Natur) bis zum 16. Jhd. Eine große Bandbreite von Bewegungen umfasst – das ist die etymologische Bedeutung der lateinischen natura wie der griechischen physis, was mit Herkommen, Erzeugen, Prozess, Verlauf der Dinge übersetzbar ist – , wird das Wort „natürlich“ fortschreitend eher dem vorbehalten, womit sich ausschließlich eine von außen betrachtete Bewegung verfolgen lässt.“

„Was dann zur klassischen Trennung führte zwischen von fern erblicken, aber gesicherten Kenntnissen auf der einen und Imagination, die die Dinge von Nahem schaute, aber nicht in der Realität verankert waren, auf der anderen Seite: im schlimmsten Fall Ammenmärchen, im besten Fall respektable, aber inhaltlich nicht verifizierbare Mythen“

Merlin Sheldrake – Verwobenes Leben

„Ohne dieses Netz aus Pilzen könnte mein Baum nicht existieren. Und ohne ähnliche Netze aus Pilzen könnte keine Pflanze irgendwo existieren. Alles Lebe an Land, auch mein eigenes ist auf solche Netzwerke angewiesen“

„Je mehr wir über sie erfahren, desto weniger verbleibt, was ohne sie Sinn ergibt.“

„Pflanzen konnte vor rund 500 Millionen Jahren nur deshalb den Übergang vom Wasser zum Land vollziehen, weil sie mit Pilzen zusammenwirkten, die ihnen für Dutzende von Jahrmillionen als Wurzelsysteme dienten, bevor die Evolution sie mit eigenen Wurzeln ausstattete.“

„Mit Cocktails aus hochwirksamen Enzymen und Säuren können Pilze einige der hartnäckigsten Substanzen auf der Erde abbauen, vom härtesten Bestandteil des Holzes, dem Lignin, bis hin zu Gestein, Rohöl, dem Kunststoff Polyurethan und dem Sprengstoff TNT.“

„Mehrere derart strahlungstolerante Arten wachsen in Richtung radioaktiver Teilchen und sind offenbar in der Lage, die Strahlung als Energiequelle zu nutzen, wie Pflanzen es mit der Sonnenenergie tun.“

„…vielfältigen Fähigkeiten ihrer Fruchtkörper, die Sporen zu verbreiten. Manche Arten tun es explosiv und beschleunigen ihre Sporen zehntausendmal stärker als ein Space Shuttle. … Andere Pilzarten schaffen ihr eigenes Mikroklima: Die Sporen werden durch Luftströmung in die Höhetragen, die der Pilze selbst erzeugt, indem er Wasser aus seinen Öffnungen verdunsten lässt.“

„Die Auswirkungen von Pilzkrankheiten nehmen auf der ganzen Welt zu: Durch nicht nachhaltige landwirtschaftliche Methoden sind die Pflanzen weniger in der Lage, Beziehungen zu den nützlichen Pilzen einzugehen, auf die sie angewiesen sind. Die verbreitete Anwendung pilzhemmender Chemikalien hat zu einem beispiellosen Aufschwung neuer Pilz-Supererreger geführt, welche die Gesundheit von Menschen und Pflanzen gleichermaßen gefährden.“

„Pilze sind pharmazeutisch sehr produktiv, und heute sind wir auf sie nicht nur wegen des Penicillins, sondern auch wegen vieler anderer Chemikalien angewiesen.“

„Eine radikale, auf Pilze basierende Technologie kann uns auch helfen, mit einigen der vielen Probleme fertig zu werden, die sich durch die fortgesetzte Umweltzerstörung ergeben: …vermindern das Bienensterben. …das Öl nach einer Ölpest abzubauen, …Bei der Mykofiltration lässt man verunreinigtes Wasser durch Matten aus Mycel laufen, die dann Schwermetalle ausfiltern und Giftstoffe abbauen.“

„war ich vor allem von Symbiosen fasziniert, jene enge Beziehung, die sich zwischen nicht miteinander verwandten Organismen ausbilden.“

„Die Beziehung zwischen Pflanzen und Pilzen brachte die Biosphäre in ihrer heutigen Form hervor und ist bis heute für das Leben an Land unentbehrlich. …Wie entstehen solche Beziehungen? Wie kommunizieren Pflanzen und Pilze miteinander?“

„Auf diese Weise können die verschiedensten Substanze, von Nährstoffen bis zu Signalstoffen, auf dem Weg über die Pilze zwischen den Pflanzen ausgetauscht werden. Einfach gesagt, bilden Pilze das soziale Netzwerk der Pflanzen. Das meinen wir mit den „Wood Wide Web“.

“Voyria. Diese Blumen sind schon seit langer Zeit nicht mehr zur Photosynthese in der Lage ´. Dabei haben sie auch das Chlorophyll verloren, jenes Pigment, da die Fotosynthese möglich macht und de Pflanzen ihre grüne Farbe verleiht. Ich war von Voyria fasziniert. Die Fotosynthese gehört zu den Eigenschaften, die Pflanze erst zu Pflanzen machen. Wie konnte diese Spezies ohne sie überleben? Ich hatte den Verdacht, dass Voyria eine ungewöhnliche Beziehung zu Pilzen eingeht“

„Unsere Wahrnehmung wird zu großen Teilen durch Erwartungen bestimmt. I der Welt einen Sinn zu finden, indem man bereits vorhandene Bilder verwendet und sie nur mit wenige neuen Sinnesinformationen aktualisiert, erfordert weniger kognitive Anstrengung als wenn man ständig aus dem Nichts vollkommen neue Wahrnehmungen erzeugt. …Wenn wir durch einen Trick aus unseren Erwartungen gerissen werden, sind wir wieder auf unsere Sinne angewiesen. Erstaunlich ist nur die große Kluft zwischen dem, womit wir rechnen, und dem, was wir finden, wenn wir tatsächlich hinsehen“

„Klassische wissenschaftliche Definitionen für Intelligenz ziehen den Menschen als Maßstab heran und messen alle anderen Arten an ihm. …In Wirklichkeit sind viele von ihnen (andere Organismen) zu hochentwickelten Verhaltensweisen in der Lage, die uns dazu veranlassen neu darüber nachzudenken, was es für Lebewesen heißt, wenn sie „Probleme lösen“, „kommunizieren“, „Entscheidungen treffen“, „lernen“ und „sich erinnern“. Wenn wir das tun, weichen manche festgefügten Hierarchien, auf denen unser modernes Denken basiert, ein wenig auf. Und damit ändert sich möglicherweise auch unsere zerstörerische Einstellung gegenüber der Welt, die nicht nur aus Menschen besteht“

„Symbiose ist ein allgegenwärtiger Aspekt des Lebendigen“

„Es ist für uns -zumindest in der modernen Industriegesellschaft- in der Regel selbstverständlich, dass wir da anfangen, wo unser Körper beginnt, und da aufhören, wo unser Körper zu ende ist. Die Entwicklung der modernen Medizin, beispielsweise Organtransplantationen verwischen solche Abgrenzungen; aber die Entwicklung Mikrobiologie erschüttert sie in ihren Grundfesten.“

„Unsere Beziehung zu Mikroorganismen könnte nicht enger sein. Wenn wir mehr über solche Verbindungen in Erfahrung bringen, verändert sich auch unser Erleben des eigenen Körpers und unseres Platzes in der Welt.„

„Wissenschaftler sind -und waren immer- emotionale, kreative, intuitive Menschen, und sie stellen Fragen nach einer Welt, die nie nur dazu da war, katalogisiert und systematisiert zu werden.“

„Wenn wir leben, haben sie (die Pilze) es bereits getan.“

Stefano Manusco, Alessanda Viola – Die Intelligenz der Pflanzen

„Je weiter verbreitet eine Art ist, desto größer ist ihre Rolle im Ökosystem. …Der Anteil der Gattung Mensch beträgt also –zusammen mit allen anderen Tieren- gerade einmal 0,3 Prozent.“

„Weil Pflanzen aus redundanten, repetitiven Modulen bestehen, die interagieren und unter bestimmten Bedingungen sogar eigenständig weiterleben, isst kei Teil der Pflanze unbedingt lebensnotwendig.“

„Sie sehen, schmecken, hören, kommunizieren und bewegen sich, obwohl ihnen die spezifischen Organe fehlen. Warum zweifeln wir dann daran, dass sie Denkvermögen besitzen?“

„Kein Lebewesen ist ohne Intelligenz denkbar“

„Das Gehirn ist kein Zauberorgan, es kann allein keinen einzigen Gedanken fassen. Es benötigt Informationen, die es nur vom Körper erhält und die unabdingbare Voraussetzung für jede intelligente Reaktion sind. …Bei Pflanzen sind die Gehirnfunktionen nicht von anderen Körperfunktionen getrennt, sondern in alle Zellen verfügbar“

„Die Wurzelspitze registriert aufmerksam alle Parameter und steuert die Wurzel, indem sie -unter Berücksichtigung verschiedener lokaler und globaler Instanzen des pflanzlichen Organismus- fortlaufend wahrhafte Berechnungen anstellt“

„Millionen von Wurzelspitzen arbeiten in einem Netz zusammen, deshalb können beträchtliche Teile zerstört werden, ohne dass das Netz dadurch in seinem Fortbestand bedroht wäre.“

„Die Synchronisierung, die völlig unbewusst erfolgt ist das Ergebnis emergenten Verhaltens“

„Im Tierreich bestehen Schwärme aus einer großen Anzahl von Individuen: … Im Pflanzenreich aber spielen sich diese Dynamiken in einer einzigen Pflanze ab, in ihrem Wurzelwerk. Ede Pflanze ist also ein Schwarm!“

„…wenn wir eines schönen Tages außerirdischer Intelligenz begegnen? Würden wir sie überhaupt erkennen? …Wahrscheinlich nicht. Denn offensichtlich kann sich der Mensch keine andere Intelligenz als seine eigene vorstellen: Er sucht nämlich in den Weiten des Universums weniger nach anderen intelligenten als nach menschenähnlichen Wesen.“

„Die Blätter nehmen nachts bevorzugt die Stellung ein, die sie als Keim innehatten. …Im Schlaf wollen am liebsten alle in die Position ihrer Wachstumsphase zurückkehren“

Rosi Braidotti – Posthumanismus

„Das Leben äußert sich, einfach indem es Leben ist, in der Verwirklichung von Energieflüssen durch biologische Datencodes über komplexe somatische, kulturelle und technisch vernetzte Systeme“

„Transzendenz des Negativen. …Sie müssen affirmativ und krativ geschaffen werden, durch zukunftsorientierte Anstrengungen der Mobilisierung ungenutzter Möglichkeiten du Visionen, die in alltäglichen Formen des Zusammenwirkens mit anderen verwirklicht werden.“

„Das Verlangen nach einer nachhaltigen Lebensform kann eine lebbare Gegenwart aufbauen“

„Die Motivation für die soziale Konstruktion von Hoffnung gründet in einem Gefühl generationsübergreifender Verantwortung. …Hoffnung ist eine Form, von möglichen Zukünften zu träumen-eine unser Lebe durchdringende und aktivierende antizipatorische Kraft.“

„Posthumanwerden ist also der Prozess, sein Gefühl der Verbundenheit mit einer gemeinsamen Welt, einem territorialen, sei es städtischen, gesellschaftlichen, psychischen, ökologischen oder planetarischen Raum, neu zu begreifen.“

„Die lebenszentrierte Prozessontologie erlaubt es dem posthumanen Subjekt, sich klarsichtig damit auseinandersetzen, ohne der moralischen Empörung oder der Melancholie nachzugeben.“