Essay – Yeji

In diesem Semester haben wir uns zunächst mit einer oberflächlichen Frage gestellt, wie die Fermentation funktioniert und wie wir wohnen. Doch mit der Zeit kamen immer mehr Fragen auf und das Thema verlief tiefgründiger als erwartet. Welche Lehre bringt uns Fermentation bei? Wie kann man es auf die Architektur übertragen? Und am wichtigsten wie kann man es auf die Gesellschaft übertragen?

Um diese Fragen zu beantworten, haben wir viele Einblicke in verschiedene Bücher, Themen und Köpfe bekommen.

Bei den Büchern handelte es sich um wissenschaftliche Auszüge, die wir bekamen, sowie Filme. Die Themen befasste sich von Pflanzen, Pilze bis physikalische, gesellschaftliche und theoretische Modelle. 

Die Gesellschaft weist viele Probleme auf, wie das Verhalten und die Denkweisen der Menschen, die Bruno Latour aufzählte, „The CEO of shell once told me the climate problem is real but it‘s completely intractable you cannot solve it so let’s get rich before the world ends.” (09.00-09.40min), “the problem now is not that you have a ship it’s facing an iceberg and the captain is doing the wrong thing about it so it’s a wrong reaction and it ends in catastrophy. Today we have the situation, at least in Europe, you’re facing an iceberg, but nobody wants to be the captain nobody wants to take the responsibility.” (13.00-14.30min), «we are living in a state of self-created ignorance about the problems we don’t like.” (38.30min). Auch viele politische Probleme treten auf um den Klimawandel zu stoppen, wie Hans Joachim Schellnhuber und Stefan Rahmstorf im Buch «Der Klimawandel: Diagnose, Prognose, Therapie» beleuchten, «Staaten wählen ihre Ziele nicht aufgrund gewinnmaximierender Berechnungen, sondern versuchen – im besten Fall – einmal gesteckte Ziele mit möglichst geringen Aufwand zu erreichen.» (S.94 Z.18-21), «Ein Klimaschutz-Regime, das diesen Trend nicht umzubiegen vermag, indem es die Entwicklungs- und Schwellenländer auf nachhaltige und gerechte Weise ins Boot holt, ist zum Scheitern verurteilt – selbst wenn die reichen Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen sollte.» (S.100 Z.31-36).

Zunächst sollte man sich die Natur beobachten und aus ihr lernen, da sie schon seit Jahrhunderten Lösungen für bestimmte Probleme gefunden hat. Wie es Stefanos Mancuso u. Alessandra Viola in „Die Intelligenz der Pflanzen“ schrieben, „Soll sie nach rechts in Richtung des dringend benötigten Phosphors wachsen oder besser nach links, wo sie den stets knappen Stickstoff findet? Soll sie sich auf der Suche nach Wasser nach unten entwickeln oder besser nach oben, wo sie auf bessere Atemluft trifft? Wie kann sie die widersprüchlichen Bedürfnisse in Einklang bringen?“ (S.133 Z.15). Doch viele können die Pflanzen nicht als intelligent betrachten, „Kommen wir gleich zum Punkt: Bei der Betrachtung pflanzlicher Intelligenz fällt auf, dass der Mensch andere Lebewesen eigentlich nur versteht, solange sie denken wie er. Offensichtlich weiß der Mensch Intelligenz zu schätzen, sofern sie der seinen ähnelt.“ In der Natur scheinen auch vor allem Pilze eine wichtige Rolle zu spielen, wie Merlin Sheldrake erkannte, „Diese empfindlichen Strukturen wollte ich genauer untersuchen. Von den Wurzeln verzweigte sich ein Pilz-Netzwerk im Boden und um die Wurzeln benachbarter Bäume. Ohne dieses Netz aus Pilzen könnte keine Pflanze irgendwo existieren. Alles Leben an Land, auch mein eigenes, ist auf solche Netzwerke angewiesen. Ich zog ein wenig an meiner Wurzel und spürte, wie der Boden sich bewegte.“ (S.10 Z.19: „Verwobenes Leben: Wie Pilze unsere Welt formen und unsere Zukunft beeinflussen“). Schaut man noch tiefer in die Prozesse und Strukturen, entdeckt man noch weitere intelligente Vorgänge, wie die Fermentation die auch Carolyn Merchant in „Der Tod der Natur. Ökologie, Frauen und neuzeitliche Naturwissenschaft“ beschrieb, „Aber Fermentation war nicht nur eine wesentliche Ursache von gewaltsamen Bewegungen, die aus chemischen Reaktionen entstanden, sie war auch eine Ursache für die Lebensbewegungen von Tieren und Pflanzen. Sie war verantwortlich für „das Schlagen des Herzens durch Atmung“ und „perpetuierliche Bewegung und Wärme“. Ohne das aktive Prinzip der Fermentation würde „alles – Fäulnis, Fortpflanzung, Wachstum und Leben – aufhören.“ (S.309 Z.17-23).

Dass alles könnte uns helfen, die Natur zu beobachten, verstehen und dadurch unsere Denkweise weiterentwickeln und somit unsere Probleme lösen. Wie es Merlin Sheldrake im Buch „Verwobenes Leben: Wie Pilze unsere Welt formen und unsere Zukunft beeinflussen“ beschrieb, „In Wirklichkeit sind aber viele von ihnen zu hochentwickelten Verhaltensweisen in der Lage, die uns dazu veranlassen, neu darüber nachzudenken, was es für Lebewesen heisst, wenn sie „Probleme lösen“, „kommunizieren“, „Entscheidungen treffen“, „lernen“, und „sich erinnern“. Wenn wir das tun, weichen manche festgefügten Hierarchien, auf denen unser modernes Denken basiert, ein wenig auf. Und damit ändert sich möglicherweise auch unsere zerstörerische Einstellung gegenüber der Welt, die nicht nur aus Menschen besteht.“ (S.31-32 Z.27). Wir müssen anfangen uns zu öffnen für neues und beginnen neue Denkweisen anzueignen um die heutigen Probleme zu lösen, so wie Donna Haraway in „Unruhig bleiben. Die Verwandschaft der Arten im Chthuluzän“ meinte, „Um unruhig zu bleiben, müssen wir uns auf eigensinnige Art verwandt machen. Das meint, dass wir einander in unerwarteten Kollaborationen, in aktiven Kompostierungen brauchen.“ (S.13 Z.19). Da aber die Zeit knapp wird müssen wir anfangen jetzt zu handeln „Wut, Liebe und Freude mögen nach seltsamen Bettgenossen klingen, aber sie sind die Saat einer Zukunft, die Leben ermöglichen wird – nicht Erfolg, sondern Leben.“ (S224 Z.8),

„Wir* handeln!

Im Namen des Lebens!

(S.12 Z.8; Sina Kamela Kaufmann u.a.: Wann wenn nicht wir* Ein extinction rebellion Handbuch)

„Sie sollten sein wie Pilze, die nach dem Regen aufschießen: in übertriebener Fülle, nach Erkundung gierend, immer zu zahlreich.“ (S.8 Z.12-14; Anna Lowenhaupt Tsing: Der Pilz am Ende der Welt. Über das Leben in den Ruinen des Kapitalismus)

Wie man aus den Literaturauszügen ziehen kann, ist dass wir noch viel zu lernen haben und noch einen langen Weg haben werden. Wir müssen beginnen aus der Natur, aus dem Pilz und aus der Fermentation zu lernen, da sie schon so viele Probleme mit ihren Strukturen gelöst haben. Am wichtigsten wird es, dass die Architekten anfangen diese Denkweise zu übernehmen, denn sie besitzen einen größeren Hebel als man es einschätzt. Durch Ihnen kann sich die Art des Wohnens, des Lebens ändern und vielleicht für die gesamte Gesellschaft sich die Möglichkeiten bieten, sich von der Natur beeinflussen zu lassen.