Ich wohne alleine in einer Wohnung im Stuttgarter Westen, oberhalb des Hölderlinplatzes. Im Vergleich zum restlichen Westen, der Anfang des 19.Jahrhunderts in der typischen Blockrandbebauung mit der Anordnung von Gebäuden um einen gemeinsamen Innenhof entstand, wurde an den Hängen erst 1920 mit der Bebauung begonnen. Dort entstanden überwiegend kleinere Mehr-und Einfamilienhäuser mit Gärten. Die Straßenplanung fügt sich dem Gelände an und windet sich den Hang hinauf.
Der Einzelhandel im Westen ist geprägt von vielen kleinen Geschäften und an jeder Ecke findet man kleine Cafés und Lokale, außerdem gibt es außergewöhnlich viele Friseure. Das kommerzielle Zentrum ist die Schwabstraße mit Ärzten, Supermärkten, Drogerien und weiteren Einkaufsmöglichkeiten sowie Restaurants, auch die S-Bahn hält hier, sowie U-Bahn und Busslinien. Der Hölderlinplatz ist ein zweites kleineres Zentrum des Westens mit der Endstation der U-Bahnlinie U4 und dem Foodsharing-Cafe “Raupe Immersatt”.
Das Haus 21, in dem ich wohne, ist freistehend, umgeben von einem Garten am Hang, erhoben über der Stadt im Kessel in einer ruhigen Sackgasse. Hier oben sind die Stadtgeräusche nur noch gedämpft zu hören und umgeben von alten Bäumen und Vogelgezwitscher fühlt man die Ruhe der Natur.
Das Haus hat drei Stockwerke, wobei sich meine kleine Wohnung, etwas verborgen, ganz unten, umgeben von den alten 40 cm dicken Mauern, befindet. Erschlossen wird das Haus 21 von der Dürrstraße aus über Treppen den Hang hinauf. In meine privaten Wohnräume gelangt man über eine eigene Eingangstüre im Erdgeschoss durch gemeinsam genutzte Kellerfläche und vorbei am Heizraum. Die Wohnung befindet sich also auf der gleichen Ebene wie auch die Kellerräume, wodurch die Innenräume nur wenig Tageslicht bekommen, obwohl die Fenster überwiegend nach Südosten ausgerichtete sind. Trotz dieser Höhle, dem schützenden, umschlossenen Raum, wird mein Wohnen von der Umwelt beeinflusst; Geräusche der Nachbarn, der Fernseher der Vermieter über mir, dem Zug auf den Gleisen hinter dem Haus.
Meine Wohnung hat etwa 27qm ,wobei der als Schlaf-Wohn-und Arbeitszimmer genutzt Raum am größten ist. Hier befindet sich neben meinem Bett auch der Schreibtisch, der ebenfalls als Essplatz dient, ein Sessel zum Entspannen und eine Kammer unterhalb der Kellertreppe der Wohnung über mir, in der ich meine Kleidung aufbewahre. Auch wenn die Wohnung räumlich getrennt von der Akademie ist, zeigt sich in der Raumnutzung, wie beim Wohnen die Erholung mit dem Arbeiten verschmilzt. Ich esse am Schreibtisch, arbeite im Bett; ein Raum wird multifunktional genutzt.
Nach über einem Jahr habe ich mich hier eingelebt und Routinen entwickelt um den Platz optimal zu nutze um meine Bedürfnisse zu stillen; schlafen, essen, Pflanzen pflegen.
Die Küche ist mit ihren 2,7qm einer der kleinsten Räume in der Wohnung. Es ist mehr eine kleine Nische, aber ich bin froh einen separaten Raum, der von dem Schlafzimmer abgetrennt ist, zum Kochen zu haben. Und trotz ihrer Größe ist sie voll ausgestattet mit Herd, Backofen, Kühlschrank, Spültisch, Wasserkocher und einem kleinen Tisch als Arbeitsfläche sowie einem Stuhl, damit ich allein hier zum Beispiel morgens auch frühstücken kann. In Hochschränken ist Platz um Geschirr zu verstauen und in der angrenzenden Ecke im Flur steht ein Regal für weitere Kochutensilien und Lebensmittelvorräte.
Mit dem Wort “Wohnen” empfinde ich ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit, Wärme. Besonders die Küche einer Wohnung, als Ort an dem gekocht wird, strahlt für mich Geborgenheit und Wärme aus. In der kleinen funktionalen Küche nehme ich mir Zeit für mich und meine Grundbedürfnisse, aber gleichzeitig kann ich vom Alltag abschalten.
Lilly Streit